Die deutsche Meisterausbildung ist einzigartig in der Welt und der Titel ist auf dem Europäischen Qualifikationsrahmen dem Bachelor gleichgestellt. Somit hat man jegliche Chancen auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Was macht den Meister in Deutschland so besonders?
Ich habe meinen Schreinermeister gemacht, weil ich vertieftes Wissen im Holzhandwerk erlangen wollte. Natürlich auch wegen der guten Verdienstmöglichkeiten (40.000€-50.000€/ Jahr sind keine Seltenheit). Die Schule für Schreinermeister hat sich in drei Semester aufgeteilt (Vollzeit). Im ersten Semester werden zu Beginn die Grundkenntnisse der kompletten Ausbildung (1.-3. Lehrjahr) wiederholt. Schnell geht es in die vertiefte Materie von Werkstofftechnologie, technische Mathematik, Stilkunde, Betriebspädagogik, Betriebswirtschaft, Wirtschafts- und Sozialkunde, Rechnungswesen, Arbeitsvorbereitung, Betriebsplanung, Fertigungs- und Oberflächentechnik, Gestalten und Konstruieren.
Da sich die Weiterbildung zum Schreinermeister sehr praxisorientiert darstellt, stehen im Laufe der drei Semester viele verschiedene Projekte an. Im zweiten Semester hat man ein Semesterprojekt, bei welchem der Aufwand mit dem eines Gesellenstückes vergleichbar ist. Hier trennt sich meist die Spreu vom Weizen. Das heißt, viele Meisteranwärter sind dem Druck nicht gewachsen und brechen die Weiterbildung ab. Ich habe überlegt, ob ich diesen Punkt überhaupt ansprechen soll, aber ich will auch kein falsches Bild vom Schreinermeister geben. Das ist keine Weiterbildung, durch die man problemlos hindurchmaschiert und am Ende den Meistertitel erhält. Ich habe in diesem Semester gelernt, mit Stress umzugehen, was gut ist, denn in der Meisterprüfung wird das wesentlich schwerer, weshalb man ein kühlen Kopf bewahren muss. Im ersten und zweiten Semester werden viele Projekte geplant, die man dann auch umsetzt. Am Ende des zweiten Semesters sollte man sich schon überlegen, was man als Meisterstück bauen möchte. Umso früher man sich Gedanken darüber macht, desto weniger Stress hat man später. Im dritten Semester geht es fast nur noch um Prüfungen, Schulaufgaben und praktische Prüfungen, denn man wird direkt auf die Meisterprüfung vorbereitet. Es ist definitiv das härteste Semester, da sehr viel auf einmal kommt: Prüfungen seitens der Schule, Zeichnungen, Planungen, Konzepte, Berechnungen und Kalkulationen sowie Arbeitsvorbereitungen (auch für das Meisterstück). Nach den schriftlichen Prüfungen geht es direkt an das Meisterstück, das man herstellen muss. Hierzu hat man ca. 3 Wochen Zeit. Zwischendurch kommt ein Prüfer vorbei und schaut, ob man im Zeitplan, den man vorher abgegeben hat, ist. Der Prüfer sieht jegliche Abweichungen und notiert diese, deshalb ist „beschummeln“ unmöglich. Sobald man mit dem Meisterstück fertig ist, liefert man es an die Schule, um es bewerten zu lassen. Danach muss man noch die praktische Meisterprüfung machen. Hierzu bekommt man zwei Wochen vorher einen Brief von der Handwerkskammer. Es ist ein Möbelstück zu planen, was an einem festgelegten Termin herzustellen ist.
Zu diesem praktischen Prüfungsteil (Teil 1) ist es wichtig, wirklich ausgeschlafen und perfekt vorbereitet zu kommen. Jegliche grobe Fehler, die man während der Prüfung macht, können dazu führen, dass die Prüfung nicht bestanden wird. Die Prüfer schauen sich jede Bewegung des Prüflings wie z.B. unnötige Laufwege, falsche Handhabung der Maschinen, usw. an. Diese acht Stunden sind absolut hart. Die Prüfer wollen sehen, wie organisiert man ist und was unter Stress geleistet werden kann. Bis man die Ergebnisse zu den Prüfungen erhält, vergehen einige Wochen. Nach den bestandenen Prüfungen kann man einen eigenen Betrieb gründen oder sich auf Führungspositionen bei Firmen im Holzbereich bewerben.
Schlusswort:
Keine Sekunde meines Lebens habe ich bereut, den Schreinermeister gemacht zu haben. Er hat mir viele Türen geöffnet und meinen Horizont erweitert. Jedoch sehe ich es wie Gerhart Hauptmann: Sobald jemand in einer Sache Meister geworden ist, sollte er in einer neuen Sache Schüler werden. Das Leben ist ein ständiges Lernen, aber mit dem Meister hat man eine wirklich sehr gute Basis für die weitere Karriere. Ebenso hat man nun die Möglichkeit auf eine Universität oder auch eine Fachhochschule zu gehen, um zu studieren. Ganz klar, kein anderes Land der Welt hat so eine gute Ausbildung/ Weiterbildung für Schreiner und Schreinermeister wie Deutschland.