Viele Leute fragen mich, warum ich Schreiner geworden bin und nicht etwa Programmierer oder Bankkaufmann. Die Frage ist sehr leicht zu beantworten. Der Handwerker, besonders der Schreiner, hat das Glück, täglich die Früchte seiner Arbeit zu sehen, sei es ein einfaches Möbel oder eine Baustelle. Der Entstehungsprozess ist ein unglaublich schönes Gefühl. Ein Baum, der vor einiger Zeit noch im Wald war, aber jetzt schon zu einer schönen Kommode oder ähnlichem bearbeitet werden kann, ist für mich einfach nur grandios.
Natürlich muss man auch andere Aspekte ins Auge fassen, wenn man einen Beruf wählt. Man möchte ja von etwas Leben. Meiner Meinung nach ist der Schreiner bzw. das Handwerk im Allgemeinen im Vergleich zu beispielsweise Bankkaufleuten noch etwas unterbezahlt. Aber ich möchte euch Mut machen! Ich denke, es wird noch ein paar Jahre dauern, dann wird das Handwerk aber stärker wie zuvor zurückkehren. Es gibt leider nicht mehr viele junge Leute, die Handwerker werden wollen. Stattdessen werden wir überflutet von jungen Leuten, die studieren möchten. Das Resultat davon, ist ein hohe Dichte an Akademikern, jedoch eine geringe Dichte an Handwerkern. Somit werden der Preis und die Löhne für einen Handwerker zukünftig deutlich steigen, das hoffe ich zumindest. Die Menschen müssen anfangen, umzudenken und die Arbeit der Handwerker mehr wert zu schätzen, denn auch die moderne Welt ist ohne das Handwerk nichts.
Noch einmal zurück zum eigentlichen Thema: Warum wurde ich Schreiner?
Ich liebe wie oben erwähnt den Entstehungsprozess von selbst hergestellten Dingen. Mit meiner eigenen Hand und Werkzeug kann ich selbst etwas entstehen lassen, es gibt keinerlei Grenzen! Ich kann meine Kreativität vollkommen entfalten und mich „austoben“. Es gibt unendlich viele Techniken, die man erlernen kann. Obendrein fasziniert mich auch die Geschichte des Holzhandwerks, das es schon seit Jahrtausenden von Jahren gibt, besonders die, der japanischen Holzkunst. Es ist einfach schön, ein natürliches Material so zu bearbeiten, dass es meinen Vorstellungen entspricht.
Die Ausbildung
Das Ausbildungssystem für Schreiner in Deutschland ist das beste der Welt, denn wir sind einzigartig in unserer Ausbildung. Niemand kann den deutschen Schreinern etwas vormachen. Warum das so ist, werde ich in den folgenden Punkten darstellen.
1. Lehrjahr
Das erste Lehrjahr der Schreiner findet im BGJ (Berufsgrundschuljahr für Holzhandwerker) komplett in der Berufsschule statt. Dort lernt man in Vollzeit alle Grundkenntnisse, die man als Schreiner braucht. Sei es, wie man Holz richtig verleimt, wie Holz aufgebaut ist, Mathematik, das Zeichnen oder auch die richtige Wahl des Holzes für jegliche Bauvorhaben. Theorie und Praxis sind in gleichem Maße im Unterricht eingebaut. Anfangs erlernt man im Praxisunterricht wie man Holzbohlen mit verschiedenen Hobeln aushobelt. Außerdem lernt man, wie man mit Stemmeisen, Gestellsäge, Schweifsäge, Raspel und Metallfeile umgeht. Die Maschinen werden erst am Ende des ersten Ausbildungsjahres verwendet, da die jungen Auszubildenden erst einmal die Basis des Handwerks erlernen sollen. Im ersten Lehrjahr werden diverse Projekte zuerst in der Theorie geplant, um diese dann in der Praxis umzusetzen. Dieses erste Lehrjahr ist meiner Meinung nach sehr gut und es unterscheidet uns von allen anderen Ländern der Welt. Hier lernt man die perfekte Mischung aus der Theorie und der Praxis eines Schreiners. All das, kann man in den nachfolgenden Jahren anwenden und nutzen. Weiterhin steht in diesem Jahr ein zweiwöchiges Praktikum an, in dem man in den Beruf des Schreiners reinschnuppern kann.
2. Lehrjahr
Das zweite sowie auch das dritte Lehrjahr werden in Deutschland im dualen System absolviert. Das bedeutet, du verbringst vier Tage der Woche im Ausbildungsbetrieb und einen Tag in der Berufsschule. Im Ausbildungsbetrieb werden dir meistens sehr viel praxisnahe Fähigkeiten beigebracht. Nun wirst du wahrscheinlich auch erkennen, dass die Praxis nicht immer die Theorie widerspiegelt. Oft werden Sachen anders gemacht als sie im Praxisunterricht gelehrt wurden, zum Beispiel die Handhaltung bei bestimmten Tätigkeiten wie Handhobeln/ Sägen. Dies ist aber nicht schlimm, denn es führen mehrere Wege nach Rom, solange die Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden. Ein Schreiner kennt die Basis, sollte wissen, was möglich ist und was nicht. Achte in diesem sowie in allen anderen Lehrjahren darauf, dass du dir alle guten Tricks und Tipps von deinem Chef und Kollegen aneignest. Lass dir aber nicht einreden, dass man bestimmte Dinge NUR auf eine bestimmte Weise machen kann, denn das ist nicht richtig. Finde deinen eigenen Weg, um bestimmte Dinge zu erledigen. Aus Erfahrung wirst du lernen. Halte aber bei allem was du tust, die Sicherheitsvorschriften ein. In diesem Lehrjahr findet auch eine Zwischenprüfung statt, meistens im Mai/ Juni. Diese beinhaltet einen theoretischen und einen praktischen Teil. Die Prüfung dient zur Bewertung deines Kenntnisstandes zu diesem Zeitpunkt. Er gibt Aufschluss über dein theoretisches und praktisches Wissen. Nimm es nicht auf die leichte Schulter, denn wenn du hier eine gute Note ablieferst, hast du die Möglichkeit, deine Ausbildung zu verkürzen, was aber zuerst mit dem Betrieb und dann noch einmal mit der Schule abgesprochen werden muss.
3. Lehrjahr
In diesem Jahr spürt man schon von Anfang an, dass man auf die Prüfung trainiert wird. Sei es in der Theorie oder auch in der Praxis. Es werden viele Schulaufgaben und Tests geschrieben und gemacht, was auch gut so ist, denn so erhältst du eine Bewertung über deinen Stand und kannst gegebenenfalls darauf reagieren (Nachhilfeunterricht oder ähnliches). Jegliche praktische Tätigkeiten finden nur noch an den Maschinen statt, außer zum Beispiel Stemmarbeiten oder Arbeiten mit der Japansäge (Fingerzinkungen herstellen oder ähnliches). Im dritten Lehrjahr der Schreiner werden in der Theorie alle zuvor erlernten Fähigkeiten noch einmal intensiviert und wiederholt, um es zu festigen. Man fängt schon früh an, sich Gedanken um sein Gesellenstück zu machen. Was für ein Möbelstück baue ich? Eine Kommode? Einen Tisch? Eine Haustüre? Diese Gedanken solltest du stets mit deinen Fähigkeiten abgleichen, denn nur so erhältst du ein perfektes Ergebnis. Mache dir wirklich schon in den Sommerferien nach dem zweiten Lehrjahr Gedanken darüber, wodurch du nicht unter Druck gerätst, wenn der Tag der Abgabe der Planung naht. Die Theorieprüfungen enthalten Fachtheorie, Arbeitsvorbereitung, Mathematik, Konstruieren und Zeichnen. Am Tag der praktischen Prüfung musst du ein Möbelstück herstellen, dass du zwei Wochen vorher per Post erhalten hast. Ich gebe dir den Tipp, dieses Möbelstück schon einmal vorab zu fertigen (aus Spanplatten). Das Gesellenstück fertigst du innerhalb von zwei Wochen im Betrieb. An einem festgelegten Termin muss es fertig sein und an die Schule gebracht werden (Gesellenstückausstellung).
Nach den erfolgreich abgelegten Prüfungen erhältst du deinen Gesellenbrief auf einer feierlichen Zeremonie der Handwerkskammer. Im Anschluss daran hast du Möglichkeiten als Geselle zu arbeiten oder dich zum Schreinermeister weiterzubilden.
Anforderungen an einen Schreiner:
- handwerkliches Geschick
- räumliches Vorstellungsvermögen
- zeichnerische Fähigkeiten
- Formgefühl
- Interesse und Verständnis im technischen Bereich (CNC-Maschine)
- Freude am Arbeiten mit Holz
- keine Probleme bei körperlichen Arbeiten (überwiegendes Arbeiten im Stehen, heben und tragen von Lasten)
- Teamfähigkeit
- Kommunikationsfähigkeit
Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung (ohne Gewähr, da sich stetig etwas ändert):
TSM-Zertifikate:
TSM 1 im 1. Lehrjahr (Tischmaschinenkurs)
TSM 2 im 2. Lehrjahr (Tischmaschinenkurs)
OFK im 2. Lehrjahr (Oberflächenkurs)
TSM 3 im 3. Lehrjahr (Tischmaschinenkurs)
Berichtsheft für Schreiner:
Achte sehr darauf, dass du deine Tätigkeiten regelmäßig in dein Berichtsheft einträgst. Das ist enorm wichtig, denn es ist ein Bestandteil, um zur Prüfung zugelassen zu werden. Wenn du das Berichtsheft lückenhaft führst, dann wirst du nicht zur Prüfung zugelassen. Ich habe mir damals eine Vorlage mit Excel erstellt, in die ich jegliche Tätigkeiten über die Tage eingetragen habe, um es anschließend auszudrucken.
Schlusswort:
Wie du siehst, hat der Schreiner eine unfassbar große Bandbreite an Wissen, das erlernt werden muss. Die Technik schreitet stets voran, deshalb muss man sich immer und immer mehr mit neuen Verfahren auseinandersetzen. Man kann nicht in der Vergangenheit leben, man muss mit der Zukunft und Veränderung gehen. Doch wohl am wichtigsten ist die Hingabe, die Sorgfalt und das Engagement, mit welchem der Rohstoff Holz bearbeitet wird. Ich hoffe sehr, dass die Menschen begreifen, wie wertvoll das Handwerk ist.
Wenn du die oben stehenden Anforderungen erfüllst, dann solltest du dich unbedingt zum Schreiner ausbilden lassen. Du wirst es nicht bereuen, denn es ist tatsächlich ein Traumberuf.